Morbus Ahlbaeck (Ahlbäck)

Orthopädische Praxen Dr. S. Grüner Köln Kalk - Lindenthal

Morbus Ahlbaeck Orthopäde Orthopädie Köln Kalk Lindenthal

Einleitung

Der Morbus Ahlbaeck ist eine seltene Erkrankung aus der Reihe der Osteonekrosen. Hierbei kommt es zu einem spontan auftretenden Knocheninfarkt des Oberschenkelknochens an der Grenze zum Knorpel am Kniegelenk. DieStörung der Durchblutung kann plötzlich auftreten, aber sich auch schleichend aus einer Form einer anfänglichen Minderdurchblutung entwickeln. Geht der Knochen durch eine nicht mehr gegebene Durchblutung zugrunde, kann er sekundär einbrechen, in der Folge können dann auch Schäden am darüberliegenden Knorpel entstehen.

Am häufigsten ist hierbei der innere Anteil betroffen, gelegentlich aber auch der äußere Anteil.

Die Erkrankung wurde nach dem Erstbeschreiber, dem Stockholm Radiologen Ahlbaeck benannt, welche die Erkrankung erstmalig 1968 beschrieb.

Auftreten und Häufigkeit

Die Erkrankung betrifft am häufigsten den inneren Anteil, seltener den äußeren Anteil, bei 7% der Fälle tritt die Erkrankung an beiden Kniegelenken auf. Der Altersgipfel liegt im höheren Lebensalter, gelegentlich sind aber auch Jüngere betroffen, insgesamt häufiger bei Frauen als bei Männern.

Ursachen und Risikofaktoren

Der Grund für die Erkrankungen dies noch nicht endgültig geklärt, man kennt aber eine Reihe von Risikofaktoren:

Durchblutungsstörungen verschiedene Ursachen

Fettstoffwechselstörungen

Gicht

Alkoholmissbrauch

Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus)

Vorherige Meniskusverletzungen

Achsfehlstellungen, beim häufigeren Befall der inneren Seite hier das O-Bein.

Symptome und Verlauf

Anfangs zeigt sich ein akuter Schmerz bei Belastung und auch in Ruhe, ähnlich wie die Symptomatik eines eingeklemmten Meniskus. Daneben zeigen sich Kapselschwellungen, Gelenkergüsse, Schonhinken, Einschränkung der Bewegungsfreiheit und mit der Zeit auch eine Verschiebung der Beinachse hin zu einem O-Bein  bei dem häufigeren Befall des inneren Kniegelenksanteiles oder seltener auch zu einem X-Bein bei Befall des äußeren Kniegelenksanteiles.

Diese Achsverschiebung kann man auch als Laie einfach feststellen, indem man die Beine eng beieinander stellt:

Im normalen Zustand berühren sich hier die Innenknöchel und die Innenseiten der Kniegelenke. Bei einem O-Bein berühren sich nur die Innenknöchel, zwischen den Kniegelenken besteht eine Lücke, umgekehrt berühren sich beim X-Bein nur die Innenseiten der Kniegelenke eine Lücke zwischen den Innenknöcheln. In frühen Anfangsphasen kann die Erkrankungen komplett wieder ausheilen, andererseits kann die Erkrankung auch zum deutlichen Kniegelenkverschleiß führen.

Diagnose

Zur genauen Diagnostik gehört erst mal die genaue Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese) und die körperliche Untersuchung. In der Ultraschalluntersuchung kann man ein Gelenkerguss feststellen, das konventionelle Röntgenbild kann ebenfalls eine Reihe von wichtigen Informationen liefern. Typisch sind hier muldenförmige Einsenkungen an der Oberschenkelrolle innen oder seltener auch außen, oft in Kombination in einer Verschmälerung des Gelenkspaltes.

Morbus Ahlbaeck Orthopädie Ortopäde Köln
Morbus Ahlbaeck (Quelle: commons wikimedia)

 

 

 

 

 

 

 

 

Frühphasen des Morbus Ahlbaeck kann man mit dem normalen Röntgenbild jedoch nicht erkennen, hier bedarf es einer Formveränderung, welche anfangs noch nicht erkennbar ist. Früher hat man zur weiteren Diagnostik sich der Szintigrafie bedient, dieses Verfahren ist hierfür mittlerweile weitgehend überholt. Heutzutage kann man auch früher Form am Besten mit der Kernspintomografie (MRT) feststellen, manchmal ergeben sich auch indirekte Hinweise auf einen Morbus Ahlbaeck im Rahmen einer Gelenkspiegelung (Arthroskopie). Da der Morbus Ahlbäck jedoch eine seltene Erkrankung ist, sollte das MRT nicht an erster Stelle in der zeitlichen Reihenfolge der Diagnostik stehen.

Differenzialdiagnosen

Es gibt eine Reihe von anderen Erkrankungen des Kniegelenkes, welche eine ähnliche Symptomatik hervorrufen können und ärztlich diagnostiziert werden müssen.

Bei der Osteochondrosis dissecans (OCD) kommt es primär zu einer Störung des Knorpels und sekundär gegebenenfalls auch zur Störung des darunterliegenden Knochens, also umgekehrt wie bei Morbus Ahlbaeck.

Die häufigste Differenzialdiagnose ist sicherlich der Meniskusschaden.

Eine weitere wichtige Differenzialdiagnose sind unfallbedingte Verletzung des Knorpels und gegebenfalls auch angrenzender Knochenanteile, die sogenannten Flake fractures.

Häufig besteht auch primär eine Kniegelenksarthrose, oft auch in Kombination mit Achsfehlstellungen.

Es gibt noch eine Reihe von der selteneren anderen Erkrankungen mit ähnlicher Symptomatik,so z.B. bakterielle Infektionen,oder auch anderen Knochennekrosen z.B. bei der Bluterkrankheit oder durch die lange Einnahme von Kortikosteroiden.

Therapie

Die Therapieformen reichen je nach Stadium von konservativen Maßnahmen über operative Eingriffe bis hin zur Endoprothetik.

In den Anfangsstadien steht zunächst die konservative Therapie mit entlastenden und schmerzlindernden Maßnahmen im Mittelpunkt. Dazu gehören zum Beispiel Gehstützen und eine Schuhaußenranderhöhung (bei Befall der inneren Seite) bzw. eine Schuhinnenranderhöhung bei Befall der äußeren Seite. Symptomatisch erfolgt die Gabe von entzündungshemmenden Medikamenten (NSAR) und bei schweren Verläufen auch die Gabe von Schmerzmitteln (Analgetika).

Orthopädietechnisch kann man ferner spezielle Orthesen verwenden, welche gezielt z.B. den inneren Abschnitt des Kniegelenkes entlasten und den äußeren Abschnitt mehr belasten.

Eine weitere Behandlungsoption stellt die Pulsierende Magnetfeldtherapie PMT dar, da diese gerade in anderen Phasen durchblutungsfördernd und damit heilungsfördernd wirken kann.

PMT Orthopädie Orthopäde Köln
PMT

 

 

 

 

 

 

 

 

Eine Reihe von Studien weisen auf den möglichen Erfolg dieser Therapie hin, es handelt sich jedoch (noch) nicht um ein wissenschaftlich nachgewiesenes Verfahren. Da diese Therapie jedoch fast immer einsetzbar und weitgehend nebenwirkungsfrei ist, stellt dies gerade in Anfangsphasen eine durchaus sinnvolle ergänzende Behandlungsoption dar. Auch in weiter fortgeschrittenen Stadien besteht hier die Chance, die Erkrankung zumindest eine gewisse Zeit zu stoppen oder zumindest zu verlangsamen, um den Zeitpunkt des Eintretens einer deutlichen Arthrose hinauszuzögern.

Sind die konservativen Maßnahmen nicht mehr ausreichend, oder ist die Erkrankung bereits zu weit fortgeschritten, so stellt sich die Frage nach der Indikation zur Operation.

Am Anfang kann man durch eine Gelenkspiegelung (Arthroskopie) minimalinvasiv das Gelenk so gut es geht sanieren, durch Anbohrungen kann die Durchblutung verbessert werden. Je nach individueller Situation kann auch der Aufbau des eingebrochenen Knochens mit anderen Knochenteilen sinnvoll sein, bei kleineren Knorpelschäden kann auch die Knorpelplastik indiziert sein.

Manchmal ergibt sich auch die Indikation zur Entlastung des betroffenen Kniegelenksanteils durch sogenannte Umstellungsosteotomien, in welchem die Beinachse verändert wird. Beim typischen Befall des inneren Anteiles kann es zu einer Verschiebung in Richtung eines O-Beines kommen.

Hier ergibt sich zum Teil die Möglichkeit der sogenannten valgisierenden Umstellung, also der operativen Umwandlung des O-Beines in ein X-Bein. Üblicherweise wird hierfür eine Knochendurchtrennung am Schienbeinkopf durchgeführt, mit einer Keilentnahme mit offenem Schenkel an der Außenseite kann so die Achse korrigiert werden. Das Ergebnis muss dann wie bei einem Knochenbruch mit Klammern oder Platten und Schrauben fixiert werden.

Beim seltenen Fall des Befalls des äußeren Anteiles des Oberschenkels kann man umgekehrt analog aus dem X-Beine ein O-Bein machen.

Reichen diese Maßnahmen nicht mehr aus, besteht die Therapie in der endoprothetischen Versorgung nur des Kniegelenksanteiles (meistens innen) oder auch bei deutlichen Schäden in den anderen Abschnitten in den kompletten endoprothetischen Ersatz des Kniegelenkes.

Literatur

Ahlbaeck, S.: Osteonecrosis of the knee – radiographic observations. Calcif Tissue Res.,1968, Suppl. 36-36b

Ahlbaeck, S:, Bauer, G.C., Bohne, W.H.: Spontaneus osteonecrosis of the knee. Arthritis Rheum., 1968,11(6), 705-733.

Albers, E., Blumlein, H., Suhler, H.: Spontane Femurkondylennekrose des Knies (Ahlbaeck). Zentralbl. Chir., 1985,110(10),607-12.

Bohne, W., Muheim, G.: Spontane Osteonekrose des Kniegelenks. Z Orthop.,1970,107(3),384-402.

Forst, J., Forst, R., Heller, K.D., Adam, G.: Spontaneous osteonecrosis of the femoral condyle: causal treatment by early core decompression. Arch Orthop Trauma Surg., 1998,117(1-2),18-22.

Grüner, S.: Vier Jahrzehnte mediale Femurkondylusosteonekrose Morbus Ahlbaeck. Orthopädische Praxis, 2003, 39(11),672-674

Hassenpflug, J., Blauth, W.: Die spontane Osteonekrose des Kniegelenkes. In: Hohmann, D.: Das Knie. Reihe Praktische Orthopädie, Bd.11, Storck, Bruchsal,1981,145-158.

Hipp, E., Aigner, R.: Osteochondrorse des älteren Menschen (Morbus Ahlbäck). In: Witt, A.N., Rettig, H., Schlegel, K.F.: Orthopädie in Praxis und Klinik, Band VII, Teil I. Thieme, Stuttgart,1987,2.59.

Jerosch, J.: Morbus Ahlbäck – Möglichkeiten der Therapie. Chir. Praxis,2001,59(2),217.

Ninol, G.: Spontane Osteonekrose am Kniegelenk (Ahlbaeck). Röentgen-Blätter,1979,32(8),442-6

Schönbauer, H.R., Polt, E., Grill, F.: Orthopädie – Methodische Diagnostik und Therapie. Springer, Wien, 1979,469.

Wirth, C.: Degenerative Erkrankungen des Kniegelenks – Spontane Osteonekrose Ahlbäck.

In: Jäger, M., Wirth, C.J. (Hrsg.): Praxis der Orthopädie. Thieme, Stuttgart, 2. Auflage, 1992, 961-2.

Wirth, C. (Hrsg.): Kniegelenk – Spontane Osteonekrose Ahlbäck. In: Wirth, C.J.: Praxis der Orthopädie, Band II. Thieme, Stuttgart, 3. Auflage, 2001, 522.

Überarbeitete Version eines Artikels, erschienen auf orthinform

Autor Dr. Stephan Grüner Köln www.dr-gruener.de

Um Beachtung der allgemeinen Hinweise wird gebeten.

09.07.2023

Bildquellen
Titelbild: Urheber ID 46173, Quelle Pixabay

Bild 1: commons wikimedia
Bild 2: Urheber Dr. S. Grüner Köln, keine Nutzungsrechte

Morbus Ahlbaeck Orthopäde Orthopädie Köln Kalk Lindenthal